Lungenerkrankungen gehören neben Durchfällen zu den häufigsten gesundheitlichen Problemen und wirtschaftlichsten Verlusten in der Kälberaufzucht. Tierärztliche Behandlungskosten, Medikamente, die geringeren Zunahmen durch die einhergehende Appetitlosigkeit der Kälber oder Kälberverluste summieren sich schnell. Wir fassen für Sie in diesem Ratgeber zusammen, was Sie wissen müssen, um Atemwegserkrankungen vorzubeugen!
Wie zeigen sich Atemwegserkrankungen beim Kalb?
Die ersten Symptome, die sich bei betroffenen Kälbern zeigen, sind meist Fieber, Husten sowie Nasen- und Augenausfluss. Außerdem zeigt sich häufig bereits eine deutlich angestrengte, erschwerte Atmung und eine erhöhte Atemfrequenz. Das Kalb atmet schwer bzw. atmet schnell. Dadurch, dass sie schlechter Luft bekommen, saufen die Kälber auch bald lustloser und weniger.
Was tun bei den ersten Symptomen?
Werden derartige Symptome im Kälberbestand festgestellt, sollte sofort gehandelt und ein Tierarzt verständigt werden, um schnellstmöglich eine Therapie mit Entzündungshemmern, Schleimlösern oder auch einem Antibiotikum einzuleiten. Werden diese frühen Symptome übersehen oder nicht sofort gehandelt, kann es zu einer Besiedelung des Atmungstrakts mit Eitererregern kommen. Das äußert sich dann bald durch zunehmend sichtbar werdende Atemnot. Zu diesem Zeitpunkt können dann trotz medikamentellen Eingreifens bleibende Lungenschäden nicht mehr verhindert werden. Solche Kälber neigen in der Folge dazu zu kümmern und auch später immer wieder krank zu werden und stellen damit neben einem wirtschaftlichen Verlust auch ein Erregerreservoir für den gesamten Bestand dar.
Wie kommt es zu Atemwegserkrankungen im Kälberstall?
Atemwegserkrankungen beim Kalb sind in der Regel infektionsbedingt, haben aber selten nur eine einzelne Ursache als Auslöser. Sie werden meistens durch ein Zusammenspiel vieler Faktoren hervorgerufen: Es handelt sich um sogenannte Faktorenkrankheiten. Diese verschiedenen Faktoren wirken sich in ihrer Gesamtheit negativ auf die Immunantwort des Kalbes aus und ebnen damit verschiedenen Bakterien und Viren den Weg, sich in den Atemwegen festzusetzen. Diese verschiedenen Erreger sind gemeinsam an der Entstehung der sogenannten bovinen Bronchopneumonie, also der Rindergrippe beteiligt.
Unter den Viren haben vor allem BRSV, Parainfluenza 3 und Pneumoviren große Bedeutung (daneben in seltenen Fällen auch BVD und BHV). Sie sind in der Regel die ersten, die die Atemwege besiedeln, sobald das Immunsystem geschwächt ist. Sie unterdrücken dann die lokale Immunabwehr noch weiter und bahnen damit den nachfolgenden bakteriellen Infektionen den Weg. Zu letzteren zählen vor allem Erreger aus der Gruppe der Pasteurellen, hauptsächlich Mannheimia oder Bibersteinia.
Atemwegserkrankungen beim Kalb vorbeugen
Um Faktorenkrankheiten von vornherein zu vermeiden, muss das Augenmerk auf die Gesamtheit der prädisponierenden Faktoren gerichtet werden.
Kolostrumversorgung
Die Kolostrumversorgung in den ersten Lebensstunden nach der Geburt ist der erste Baustein zur Prophylaxe vieler Erkrankungen bei neugeborenen Kälbern. Nur eine ausreichende Versorgung mit Biestmilch bietet, über die darin enthaltenen Antikörper, den notwendigen Schutz vor zahlreichen Infektionserregern und schützt damit das Kalb in den ersten Lebenswochen vor schweren Erkrankungen.
Im Ratgeber "Die Kolostrumversorgung beim Kalb" finden Sie weitere hilfreiche Tipps und Tricks zum Thema Biestmilch.
Stallklima – Frischluft ohne Zugluft!
Eine große Rolle bei der Vorbeugung von Atemwegserkrankungen spielt das Stallklima. Drei Hauptpunkte gilt es dabei sicherzustellen:
- Zum einen sollte auf die Luftfeuchtigkeit geachtet werden. Grundsätzlich gilt dabei: je höher die Luftfeuchtigkeit, desto schlechter für das Kalb. Die meisten Infektionserreger können sich bei einem feuchten Stallklima besser in der Luft halten und damit schneller von Tier zu Tier verbreiten, noch dazu, wenn die Frischluftzufuhr nicht ausreichend ist.
- Aber Vorsicht! Zugluft ist unbedingt zu vermeiden, da auch diese die Krankheitsanfälligkeit erhöht.
- Des Weiteren ist die Konzentration an Schadgasen in der Stallluft von Bedeutung. Hier spielen vor allem Ammoniak, Schwefelwasserstoff und CO2 eine große Rolle, da sie die Atemwege reizen und die Schleimhaut schädigen können. Krankheitserreger können dann diese wichtige Barriere leicht überwinden und sich in den Atemwegen festsetzen. Im Aufenthaltsbereich von Kälbern sollte daher immer darauf geachtet werden, dass die Schadgaskonzentrationen so gering wie möglich gehalten werden.
Stress vermeiden
Ein weiterer Punkt ist die Stressbelastung für die Kälber. Darunter fällt alles, was die Kälber körperlich und auch psychisch belastet. Gerade beim Zukauf von Kälbern kann die Stressbelastung teilweise erheblich sein. Der Transport, eine neue Umgebung, sowie neue Gruppen- und Futterzusammenstellungen bedeuten Stress für die Tiere und damit einhergehend eine stressbedingt verminderte Funktionsfähigkeit des Immunsystems. Ein ruhiger Umgang und schonende Übergänge in allen Bereichen vermindern hier die Stressbelastung. Auch auf das Erregerspektrum kann sich der Zukauf auswirken, denn Kälber können aus ihrem Ursprungsbetrieb immer neue Pathogene mitbringen und je mehr Kälber aus verschiedenen Betrieben dann in einer Gruppe zusammentreffen, desto höher ist dort auch das Spektrum an potenziell pathogenen Keimen.
Belegdichte – weniger ist mehr
Eine hohe Belegungsdichte in den Kälberboxen führt neben sozialem Stress auch zu einem engeren Kontakt unter den Kälbern und kann damit eine Ausbreitung von Infektionserregern beschleunigen. Wenn Sie auf Ihrem Betrieb vermehrt mit Infektionsgeschehen zu kämpfen haben, empfiehlt es sich also, lieber ein paar Iglus mehr aufzustellen und die Belegdichte pro Gruppe etwas zu verringern.
Die einfachste Prophylaxe – Kälber impfen!
Gegen einige der Erreger (BRSV, PI3 und Mannheimia haemolytica) kann geimpft werden! Eine Impfung ist eine einfache und effektive Maßnahme, der Atemwegsproblematik im Kälberstall von vornherein einen Riegel vorzuschieben. Es werden dafür die Muttertiere frühzeitig vor dem Abkalben geimpft, wodurch diese eine Immunantwort, sprich Antikörper, gegen diese Erreger ausbilden. Nach der Geburt gelangen diese Antikörper ins Kolostrum und werden direkt vom neugeborenen Kalb aufgenommen – es ist von der ersten Kolostrumaufnahme an vor diesen Erregern geschützt! Natürlich ist hier wieder auf eine gute Kolostrumversorgung zu achten, damit die Antikörper auch sicher beim Kalb ankommen.
Alternativ sind auch Impfstoffe direkt für die Kälber erhältlich. Diese verabreichen Sie den neugeborenen Kälbern bereits am ersten Lebenstag per Sprühstoß in die Nase. Wenn Sie diesen Zeitpunkt verpasst haben, können Sie mit dieser Impfung noch Kälber schützen, die bereits erste Symptome zeigen, doch das sollte eine Ausnahme bleiben.